Nachhaltige Aquakultur in Mangroven-Ökosystemen

Die Mangrovenwälder der tropischen Küsten gehören zu den wichtigsten und produktivsten Ökosystemen unserer Erde. Unter anderem erfüllen sie durch ihr gigantisches Kohlenstoff-Speicherpotenzial eine enorm wichtige Funktion in der Stabilisierung des Weltklimas und schützen die Küsten. In den letzten Jahrzehnten wurden die weltweiten Mangrovenwälder jedoch stark dezimiert, allein seit 1980 um 20 Prozent. Neben anderen Faktoren ist die ungebremste Ausbreitung der Garnelen-Aquakultur besonders in den Ländern Süd- und Südostasiens ein Hauptgrund für ihre Zerstörung. Trotz dieser negativen Auswirkungen bietet die Garnelenzucht, als zentrale Wirtschaftsaktivität in den Mangrovengebieten, großes Potenzial, den Schutz und die Wiederherstellung von Mangroven erheblich zu fördern. Dies gilt für die Aquakultursysteme ebenso wie für anderweitige Gebiete von landwirtschaftlichen Betrieben und Gemeinden.

In unserem Projekt SAIME (Sustainable Aquaculture in Mangrove Ecosystems) arbeiten wir deshalb an der Entstehung von Pilot-Aquakultur-Farmen, die nachhaltige IMA (integrierte Mangroven Aquakultur) Systeme nutzen. Bei dieser Teichwirtschaft werden Mangroven in die Dämme, Wasserkanäle und direkt in den Teich gepflanzt. So können Garnelen im Einklang mit Mangroven existieren und das Ökosystem bleibt erhalten.

Hintergrund

Zum Thema Aquakultur setzt der Global Nature Fund (GNF) gemeinsam mit dem Naturland-Verband für ökologischen Landbau e.V. ein Projekt um, das vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gefördert wird. Dieses Projekt „Multi-Akteurs-Partnerschaft zur Stärkung transformativer Prozesse im Garnelen-Handel als Basis für den Schutz von Mangroven-Ökosystemen in Südasien“ (SAIME) wird in den Sundarbans, dem größten Mangrovengebiet der Welt mit einer Fläche von über 10.000 km², realisiert. Zwei lokale Kooperationspartner, die Bangladesh Environment and Development Society (BEDS) und die Nature Environment & Wildlife Society of India (NEWS) koordinieren die Maßnahmen vor Ort. Das Projekt basiert auf dem Konzept der sogenannten Multi-Akteurs-Partnerschaften (MAP), hier zwischen Indien, Bangladesch und Deutschland.

Was ist eine Multi-Akteurs-Partnerschaft?

Eine Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) wird als transformativer Prozess gestaltet, in den die Zivilgesellschaft, der Privatsektor sowie wissenschaftliche und öffentliche Akteure eingebunden werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Etablierung von Süd-Süd- und Nord-Süd-Dialogen mit dem Ziel, gemeinsame Pläne festzulegen und einen freien Austausch von technischen und marktrelevanten Informationen zu ermöglichen.

Dieser Prozess führt zu einer deutlichen Stärkung der beteiligten Akteure und dient somit dem Ziel 17 der UN Nachhaltigkeitsziele (Partnerschaften zur Erreichung der Ziele).

Mangrovenökosysteme

Mehr als 20 Prozent des weltweiten Mangrovenbestands in tropischen Küstenregionen ist seit den 1980er Jahren verloren gegangen. Die Lebensräume der salztoleranten Pflanzen schwinden damit drei bis fünf Mal schneller als tropischer Regenwald oder Korallenriffe. Das ist angesichts der immensen ökologischen Bedeutung von Mangroven an der Grenze zwischen Wasser und Land besonders bedenklich. Die Bäume und das dichte Geflecht ihrer Wurzeln, die wie Stelzen im Wasser stehen, bieten Lebensraum für eine Vielzahl seltener Säugetiere, Reptilien und Vögel. Sie dienen als Rückzugsort und Kinderstube für unzählige Fisch- und Krebsarten und halten große Mengen Sediment zurück. So schützt der Mangrovenwald die Küsten vor Erosion, tropischen Wirbelstürmen und Sturmfluten. Und auch gegen den Klimawandel ist er ein wirksames Mittel: Gesunde Mangrovenwälder speichern mehr Kohlenstoff als jeder andere Wald – bis zu 1.000 Tonnen pro Hektar. Seit 2005 engagiert sich der Global Nature Fund (GNF) im Bereich Mangrovenschutz in Asien, seit 2018 in der Sundarbans-Region.

Mangroven in den Sundarbans © GNF
Intensive Aquakultur Bangladesch © GNF

Integrierte Mangroven Aquakultur (IMA)

Es wurde viele Mangrovenwälder für intensive Aquakultur abgeholzt. Dies muss gestoppt werden. Perspektivisch sollte eine Überführung der Flächen in extensive Aquakultur erfolgen.

Im SAIME Projekt wird die Integrierte Mangroven Aquakultur (IMA) umgesetzt. Bei dieser extensiven Kulturform, mit geringen Besatzdichten und ohne zusätzlichen Eintrag von Futtermitteln, werden Mangroven in die Teiche und Dämme der Zuchtanlagen gepflanzt. Dies erhöht die Biodiversität in den Anbaugebieten und hat positive Effekte auf die Aquakultur, z.B. dient herabfallendes Laub der Mangrovenbäume als Nahrungsgrundlage für die Garnelen.

Projektregionen in Indien und Bangladesch

Die Sundarbans (wörtlich „schöner Wald“) sind die größten Mangrovenwälder der Erde. Sie umfassen ein Gebiet von etwa 10.000 km². Davon liegen etwa 6000 km² in Bangladesch und 4000 km² im indischen Bundesstaat Westbengalen.

Die Mangrovenwälder stehen in einem tiefgelegenen Mündungs- und Überschwemmungsgebiet von Brahmaputra, Ganges und Meghna, die die Niederschläge von den Südhängen des Himalaya sowie saisonal bedingt große Wassermassen der Monsun-Zone ins Meer abführen. Das artenreiche Ökosystem ist schwer zugänglich und weit verzweigt, weil sich die Flüsse im Gangesdelta in zahlreiche Seiten- und Mündungsarme aufteilen. Der vom Aussterben bedrohte Bengaltiger und der endemische Sundari-Baum sind hier beheimatet.

Sundarbans NASA © Jesse Allen
Besprechung Genossenschaft Bangladesch © GNF

Insgesamt wurden in der ersten Phase des SAIME Projektes wertvolle Grundlagen geschaffen, um diesen Ansatz weiter auszubauen. So ist in Bangladesch ein zentrales Genossenschaftsgebäude errichtet worden, welches für Schulungen genutzt wird, aber auch als Kühlhaus für die Garnelen der Pilotfarmer.

Umsetzung der IMA im SAIME Projekt

An insgesamt drei Projektstandorten in Indien und Bangladesch sind durch die lokalen Partner zahlreiche Farmer in den Praktiken der Integrierten Mangroven Aquakultur geschult worden. Außerdem wurden Baumschulen angelegt, die von Frauen geführt werden. Hier werden die Setzlinge gezogen, die später in die Aquakulturanlagen gepflanzt werden. Durch den Verkauf der Mangrovensetzlinge auch an andere NGOs oder Gemeinden außerhalb der Projektregion werden zusätzliche Einkommen erzielt. Die Farmer sind mittlerweile in Genossenschaften organisiert und staatlich registriert.

Team Zentrale Baumschule Indien © GNF

Aktuelle Veranstaltungen

Internationales Symposium zu Mangrovenökosystemen und nachhaltiger Fischerei (1.-3. März 2023)

Vom 1.-3. März 2023 fand ein internationales Symposium zum Themenkomplex Mangrovenökosysteme und nachhaltige Fischerei statt. 300 Teilnehmende aus 10 Nationen diskutierten die drängenden Themen. Eine Posterpräsentation mit 100 Postern sowie ein 2-tägiger Fieldtrip rundeten die Veranstaltung ab.

Abschlussbericht

Dialogforum Mangroven Aquakultur (13. Feb 2023)

Im Rahmen des SAIME Projektes fand am 13. Februar 2023 ein Dialogforum zur Integrierten Mangroven Aquakultur in Frankfurt am Main statt. Etwa 50 interessierte Teilnehmende kamen hier zusammen, um gemeinsam diverse Ansätze nachhaltiger Garnelen-Produktion zu diskutieren. Am Ende war man sich sicher: Hier geht noch mehr! Ein Mainstreaming nachhaltiger Produktionsweise ist hinsichtlich der Förderung der Biodiversität unerlässlich. Hier gelangen Sie zum Programm der Veranstaltung.

Sustainable Aquaculture in Mangrove Ecosystems (SAIME) Ralph Dejas (GNF), Milon Sinha (NEWS, India), MD Maksudur Rahman (BEDS, Bangladesh)Mit Blue Carbon Zertifikaten Mangrovenaufforstung finanzieren (?) Udo Censkowsky (bluesensus)Selva Shrimp: Vom Wald zum Markt / Erfahrungen 2010 – 2022 und Ausblick 2030 Jonas Walker (BlueYou)Koltiva-App als Softwarelösung für Produktrückverfolgbarkeit & Zahlungsabwicklung Bernard Chevalier, Chief of Staff (Koltiva)Nachhaltigkeitsdokumentation Remko Oosterveld (Global G.A.P.)Fragestellungen für Arbeitsgruppen Überleitung Kai Wiegler (KfW)

Partner und Förderer

Das Projekt läuft zunächst bis April 2023. Gefördert wird SAIME vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Unterstützung erhält es außerdem von der Mercedes-Benz AG. Solche Kooperationen haben für den GNF Leuchtturmwirkung: Denn oft wird die Zusammenarbeit zwischen zivilgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren gefordert – im SAIME-Projekt wird sie tatsächlich umgesetzt. Das Projekt konnte vor Ort in den Sundarbans, auch aufgrund der hervorragend vernetzten und sehr versiert arbeitenden Partnerorganisationen (NEWS und BEDS) bereits wertvolle Projektziele umsetzen. Aufgrund der Pandemie musste der Dialog mit dem Lebensmittelhandel in Deutschland bisher weitestgehend digital stattfinden.

Partner

Förderer

Kontakt

Ralph Dejas, Projektkoordinator: dejas@globalnature.org
Thies Geertz, Projektkoordinator: geertz@globalnature.org
Oliver Peters, Projektmanager: peters@globalnature.org